Liebe System-Trader,

meine konkreten Planungen für den System-Handel nahmen im Januar 2017 ihren Anfang. Mein Ziel ist es, eine Vielzahl von Handelssystemen parallel in verschiedenen Märkten im Betrieb zu haben, die zusammen auf einen positiven monatlichen Erwartungswert von 10.000 € Gewinn kommen. Jedes Handelssystem soll langfristig einen statistischen Vorteil haben, der erstens sachlogisch begründbar ist und der zweitens über längere Zeiträume konsistent auftritt. Das hinzubekommen, hat für mich derzeit die höchste Priorität.

Ich startete den System-Handel im Oktober über Live-Simulationsdepots. Die Ergebnisse waren sensationell gut. Es gab sogar eine Gewinnserie von 31 Trades in Folge. Wir berichteten darüber hier im NinjaCademy-Blog. Im Dezember startete ich dann den Echtgeld-Handel. Das war lange vorbereitet. Ich hatte das ein halbes Jahr lang geplant. Insgesamt verwendete ich ein Eigenkapital von etwa 38.000 €. In der Spitze stieg das Konto auf 45.000 € an. Nun beträgt der Kontostand 30.500 €. Es ergibt sich ein Drawdown von fast -15.000 € vom Depothöchststand oder -7.500 € Verlust an Eigenkapital. Ich hatte gesagt, dass ich innehalten würde, wenn das System in kurzer Zeit ein so hohen und nicht erwarteten Drawdown produziert. Der maximale Drawdown im Jahr 2017 lag bei nur -10.000 €- Diese Schwelle wurde nun innerhalb einer Woche ausradiert.

Welches System habe ich gehandelt?

Ich habe unser DAX-Zyklenmodell gehandelt, das seit 2007 untenstehende Entwicklung zeigt. Das Zyklenmodell geht 2 Mal am Tag long und 2 Mal am Tag short. Die Sachlogik hinter dem Modell ist, dass die passiven Investments in Indizes, zum Beispiel über ETFs, zu einem systematischen Kaufdruck zu Beginn des Handels führen. Das System verfügt über eine Marktampel. Wenn der DAX unter dem GD 250 notiert, werden die Longzyklen nicht mehr gehandelt, denn in Zeiten von Mittelabflüssen sind die Zyklen nicht vorhanden oder sogar invertiert. Bei der System-Modellierung haben wir die Grundregeln der System-Entwicklung natürlich beachtet. Wir haben kein Curve-Fitting betrieben und wir haben die Einstellung in out-of-sample Perioden überprüft.

So sah mein Kontostand letzte Woche noch aus

So sieht mein Kontostand  heute aus

Ich sehe die erste Phase des Echtgeld-Handels aus 4 Gründen als gescheitert an.

1. Die Märkte wurden spürbar für uns alle unruhig. Es gab Währungsturbulenzen. Die brutale Aufwertung im EUR/USD zerstörte jedes bullische Aufleuchten im DAX. Wir konnten es beobachten. Auch die Zinsrenditen stiegen. Ich als Mensch habe gespürt, dass ich vorsichtiger werden muss. In meinen diskretionär geführten Depots habe ich Cash aufgebaut. Ich gehe davon aus, dass wir unser Handelssystem besser machen können, wenn wir Intermarket-Turbulenzen als Warnsignal berücksichtigen können.

2. Ich hatte mich entschieden, die Overnight-Anomalie auch an schwachen Tagen mit Down-Momentum im DAX zu handeln. Das frühere Setup war, die Overnight-Anomalie nur an starken DAX-Tagen zu handeln und nicht an Tagen mit Abwärtsdruck. Diese Entscheidung von mir hat dem System u.a. in den letzten 2 Wochen diese großen Verluste beigefügt wie den heutigen Tagesverlust von 180 DAX-Punkten direkt zum Opening.

Ich betrachte meine Entscheidung nun als falsch. Ich hätte mehr darüber nachdenken sollen, was passiert, wenn die Niedrig-Volatilitäts-Phase vorbei ist, denn genau das ist passiert. Volatilität ist konstant. Seit fast 2 Jahren bewegten wir uns in absoluten einer Niedrig-Volatilität-Phase. Jetzt kam die Volatilität zurück. Prinzipiell ist hohe Volatilität kein Problem. Im Backtest funktionierte das DAX-Zyklen-System sogar während der Finanzkrise 2008 und 2009 ausgesprochen gut. Aber in Zeiten hohe Volatilität sollte für die Longs der Filter "nur an starken Tagen" aktiviert sein. Und genau auf diese Einstellung hatte ich zu Gunsten von höheren erwarteten Maximalgewinnen leider verzichet.

3. Ich hatte die Möglichkeit eines Drawdowns von -15.000 € in nur knapp 1 Woche in dieser Form nicht auf der Rechnung. Auf einen Schlag hat der DAX den Drawdown des gesamten Jahres 2017 um 50 % überschritten.

4. Die Shortzyklen haben trotz des Abwärtstrends in dieser Woche nicht funktioniert. 2 Trades wurden exakt an den oberen Wendepunkten ausgestoppt. Das darf nicht sein. Hier müssen nochmal ganz gezielt Research betreiben.

Ich werde den Echtgeld-Handel am Freitag wieder aufnehmen, denn aber mit den notwendigen Filtern für Phasen von hoher Volatilität. Auch wenn es sich jetzt vielleicht dumm anhören mag. Aber ich bin gerade viel stärker motiviert als zuvor. Das war eine wertvolle Erfahrung direkt nach den ersten Gehversuchen im Echtgeld-System-Handel. Wichtig für mich ist, dass das Gefühl überwiegt, sehr viel dazugelernt zu haben.

Bei der Wiederaufnahme werde ich folgendes berücksichtigen:

1. Wir brauchen eine Marktampel, die für die Long-Positionen auf rot springt, wenn die Intermarket-Turbulenzen zu großen werden.

2. Ich möchte mit symetrischen Stopp-Loss und Take-Profit-Schwellen experementieren.

Im System-Trading-Room gibt es einige Trader, die unser System mit den alten Parametern aus dem Oktober haben laufen lassen und sehr erfolgreich damit waren. Der Trader "RH" berichtete von Gewinnen über 20.000 €. Wir werden diese System nun in diese Woche im Live-Stream hinzufügen, so dass wir die Entwicklung vergleichen können.

Ich möchte Sie, liebe Leser, in unseren System-Trading-Room einladen. Dort können Sie uns beim Live-Handel zuschauen - in guten und in schlechten Zeiten. Wir bieten 100 %ige Transparenz und legen alle System offen. Andere Trader berichten über ihre eigenen Systeme und Überlegungen. Es macht Spass und ist konstruktiv, selbst an Tagen wie heute.  Mein Ziel, Systeme mit einem positiven Erwartungswert von 10.000 € pro Monat zum Laufen zu bringen, habe ich natürlich nicht aufgegeben. Ich habe auch diskretionäre Trading nicht in wenigen Monaten gelernt, sondern ich benötige 5 Jahre um es zu perfektionieren. Ein bisschen Zeit muss ich folglich auch dem Trading mit Handelssystemen einräumen.

Am Freitag starte ich die Phase 2 des Echtgeld-System-Tradings. Die Phase 1 hat -7000 € Verlust gebracht. Ich werde hier im Blog weiter über die Depotentwicklung transparent berichten.

Viele Grüße
Simon Betschinger